• 29. März 2024 16:59

Antrag: Klimanotstand in Karlsruhe: Der Karlsruher Gemeinderat spricht sich für den übergangsweisen Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Philippsburg aus

Aug 29, 2019

Der Gemeinderat möge beschließen:

Der Karlsruher Gemeinderat hat am 23.07.2019 mehrheitlich beschlossen, für Karlsruhe den Klimanotstand auszurufen. Alle Maßnahmen der Verwaltung sind daher auf ihre Auswirkung hinsichtlich der CO2-Produktion zu überprüfen. 

Die wegen der damit verbundenen Erhöhung des CO2-Ausstoßes schlimmste regionale Maßnahme der nächsten Jahre ist die bevorstehende endgültige Außerbetriebnahme des Kernkraftwerks Philippsburg zum 31.12.2019, von dessen ehemals 2 Blöcken nur noch der zweite, ein moderner Druckwasserreaktor mit 1.468 MW elektrischer Leistung, noch in Betrieb ist.

Um die damit verbundene Erhöhung des CO2-Ausstoßes in der Region zu vermeiden, spricht sich der Karlsruher Gemeinderat für einen Weiterbetrieb des Blockes 2 des Kernkraftwerks Philippsburg aus. Der Karlsruher Gemeinderat appelliert an die Bundes- und die Landesregierung, die gesetzlichen und regulatorischen Änderungen für den Weiterbetrieb des Kernkraftwerkes unverzüglich vorzunehmen.

Begründung

Laut Pressemitteilung der EnBW vom 15.08.2019 (s. Anhang) leistet das Kernkraftwerk Philippsburg mit seinem noch am Netz befindlichen Block 2 (KKP 2) „einen wichtigen Beitrag zur stabilen und klimafreundlichen Stromerzeugung in Baden-Württemberg“ und deckt mit seiner elektrischen Leistung von 1.468 MW etwa ein Sechstel des Stromverbrauchs in unserem Bundesland. Die Anlage „hat im Jahr 2018 knapp elf Milliarden Kilowattstunden Strom produziert. Spätestens am 31. Dezember 2019 endet die Stromproduktion von KKP 2.“

Der Karlsruher Gemeinderat hat durch die Ausrufung des Klimanotstands am 23.07.2019 ein klares Zeichen gesetzt: Der CO2-Ausstoß der Stadt soll dringend verringert werden, und natürlich möglichst auch der in der Region. Durch die bevorstehende endgültige Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg steht aber das Gegenteil bevor: Die jährlich 11 Milliarden Kilowattstunden Grundlaststrom müssen anderweitiger erzeugt werden. Die einzig andere Möglichkeit, in Karlsruhe und Umgebung zusätzlichen Grundlaststrom zu erzeugen, ist durch den zusätzlichen Einsatz von Kohlekraftwerken. 

Der Einsatz von Kohlestrom bedeutet einen Ausstoß von rund 1000 g CO2 pro kWh Strom, der vom Kernkraft rund 20 g CO2 pro kWh (Deutscher Bundestag WD 8 – 056/2007). Durch die Abschaltung werden demnach pro Jahr bis zu 11 Milliarden mal 980 g CO2 zusätzlich in die Luft geblasen werden müssen, um den Strombedarf unserer Region zu decken. Das sind jedes Jahr 10,8 Milliarden kg CO2 zusätzlich, d.h. je Einwohner von Karlsruhe Stadt und Land fast 15.000 kg CO2 – jedes Jahr!

Die Karlsruher Bürger und Betriebe werden demnach nach der Abschaltung des Kernkraftwerks mit dem Verbrauch ihres Stromes deutlich mehr CO2 verursachen, und dieses Mehr an CO2-Produktion wird der Karlsruher CO2-Bilanz zugeschlagen werden müssen. Die damit bevorstehende deutliche Verschlechterung der Karlsruher CO2-Bilanz muss unbedingt verhindert werden – erst recht jetzt, da in Karlsruhe der Klimanotstand ausgerufen ist.

Unterzeichnet von:

Dr. Paul Schmidt, Oliver Schnell, Ellen Fenrich

AfD-Fraktion

Pressemitteilung der EnBW vom 15.08.2019:

Kernkraftwerk Philippsburg:  Block 2 nach Revision wieder am Netz  Anlage leistet bis zum Laufzeitende einen wichtigen Beitrag für die Stromversorgung in Baden-Württemberg 

Philippsburg. Der Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 2) ist nach Abschluss der diesjährigen Revision seit gestern Abend (14. August 2019) wieder am Netz. In den vergangenen Wochen wurden in der Anlage Prüf- und Instandhaltungstätigkeiten durchgeführt und mehrere technische Projekte umgesetzt. Dies war die letzte Revision vor der endgültigen Abschaltung des Blocks, die spätestens Ende 2019 erfolgen wird. 

„Seit heute leistet KKP 2 wieder einen wichtigen Beitrag zur stabilen und klimafreundlichen Stromerzeugung in Baden-Württemberg. Gemeinsam mit Block II in Neckarwestheim deckt die Anlage etwa ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs in unserem Bundesland. Die erfolgreich abgeschlossene Revision von Block 2 ist außerdem ein sehr gutes Beispiel dafür, dass die Sicherheit beim Betrieb unserer Kernkraftwerke nach wie vor höchste Priorität hat – ganz unabhängig davon, wie lange der Leistungsbetrieb noch andauert. Deshalb haben wir auch kurz vor dem Ende der Stromproduktion nochmals in das hohe Sicherheitsniveau der Anlage investiert“, erklärt Christoph Heil, der als Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH für den Betrieb von KKP 2 zuständig ist. „Unseren hohen Anspruch an die Sicherheit setzen wir gleichermaßen beim Rückbau unserer Anlagen um – und den haben wir auch für KKP 2 schon im Fokus. Nach der endgültigen Abschaltung und dem Erhalt der entsprechenden Stilllegungs-und Abbaugenehmigung wollen wir zügig mit dem Rückbau der Anlage beginnen“, sagt Christoph Heil weiter. 

Umfangreiche Revisionsarbeiten erfolgreich umgesetzt 

„Die letzte Revision von Block 2 umfasste zahlreiche Tätigkeiten und war für die sicherheitstechnisch wichtigen Systeme genauso umfangreich wie in den vergangenen Jahren. Die Revision hat durch das bewährte und professionelle Zusammenspiel der internen und externen Mitarbeiter sehr gut funktioniert. Rund 570 zusätzliche Fachkräfte von Hersteller- und Spezialfirmen haben die umfangreichen Revisionsarbeiten unterstützt. Insgesamt haben wir gemeinsam rund 2.500 einzelne Tätigkeiten erledigt“, berichtet Nicolai Braun, Leiter der Anlage KKP 2. „Dazu gehörten Routinearbeiten und mehrere Instandhaltungsmaßnahmen an Großkomponenten. So wurden beispielsweise Druckprüfungen am Volumenregelsystem und eine Inspektion an einer der insgesamt sechs Hauptkühlwasserstraßen durchgeführt. Des Weiteren fanden Instandhaltungstätigkeiten an einer der drei Hauptspeisepumpen sowie an Transformatoren statt. Darüber hinaus wurde eines der vier Notspeisebecken saniert“, so Nicolai Braun weiter. 

Während der Revision wurden – wie geplant – keine neuen Brennelemente mehr in den Reaktor eingesetzt, daher wird die Stromproduktion zur Abschaltung hin absinken. Im Zusammenhang mit Erkenntnissen aus der routinemäßigen Inspektion von Brennelementen wird darüber hinaus die Fahrweise der Anlage zugunsten einer gleichmäßigeren Verteilung der Leistung im Reaktor geringfügig angepasst. 

Die Revision fand unter der Aufsicht des Umweltministeriums Baden-Württemberg statt und wurde im Auftrag des Ministeriums von Gutachtern des TÜV Süd und Nord begleitet. Nach der Abnahme der Arbeiten stimmte das Ministerium dem Wiederanfahren der Anlage zu. 

Der Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg ist ein Druckwasserreaktor mit einer elektrischen Leistung von 1.468 Megawatt. Die Anlage ging 1984 in Betrieb und hat im Jahr 2018 knapp elf Milliarden Kilowattstunden Strom produziert. Spätestens am 31. Dezember 2019 endet die Stromproduktion von KKP 2. Der genaue Termin für die Abschaltung steht noch nicht fest. 

Zur Stromproduktion mit Kernenergie betreibt die EnBW neben KKP 2 auch noch den Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim (GKN II). Dessen Leistungsbetrieb endet spätestens am 31. Dezember 2022. Danach soll auch mit dem Rückbau dieser Anlage zügig begonnen werden. Den erforderlichen Antrag hat die EnBW – ebenso wie für KKP 2 – im Juli 2016 frühzeitig eingereicht. An beiden Standorten befindet sich jeweils eine weitere Anlage, die keinen Strom mehr erzeugt (GKN I und KKP 1). Beide Anlagen befinden sich seit 2017 im Rückbau. Am Standort Obrigheim macht der Abbau des dortigen Kernkraftwerks seit dem Jahr 2008 gute Fortschritte.