Stellungnahme der Stadt zu unserer Anfrage:
Die Länder sollen nach dem Willen der Bundesregierung in den kommenden Jahren Pläne vorlegen, wie die Wärmewende vor Ort umgesetzt werden soll. Für Großstädte sollen diese Wärmepläne bis Ende 2026 fertig sein, kleinere Städte sollen zwei Jahre länger Zeit haben, wie aus einem Gesetzesentwurf (Stand: 3. Mai) der Bundesregierung hervorgeht.
Verantwortlich dafür sollen die Bundesländer sein, die diese Aufgabe jedoch direkt an die Kommunen übertragen können. Sie sollen Angaben machen, wie in konkreten Gebäuden oder Unternehmen geheizt und wie viel Energie verbraucht wird. Konkret sollen etwa möglichst „gebäudescharfe jährliche Endenergieverbräuche leitungsgebundener Energieträger der letzten drei Jahre in Kilowattstunden pro Jahr“ erfasst werden, dazu Adresse, Nutzung und Baujahr. Auch zu Wärmenetzen will die Regierung Informationen sammeln – darunter die Auslastung oder Trassenlängen.
Diese staatliche Datensammlung bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre der Bürger, nämlich ihre Wohnung. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass bundesweit die Gepflogenheiten der Bürger erfasst und ausgewertet werden sollen. Dieses Vorgehen ist als verfassungswidrig einzustufen, denn in Artikel 13 des Grundgesetzes steht in Absatz 1 ganz klar: „Die Wohnung ist unverletzlich.“ Eine staatlich verordnete Energieknappheit ist weder eine in Absatz 7 aufgeführte gemeine Gefahr noch eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, denn sie könnte durch weitsichtige Energiepolitik (Stichwort: Atomausstieg) vermieden werden. Ein Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung wird dadurch nicht gerechtfertigt.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund mahnte an, der akute Personalmangel der Kommunen könne das Vorhaben gefährden. Bis 2035 werde ein Drittel der Beschäftigten ausscheiden, warnte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.
Das Vorhaben des Bundes stellt erneut eine Arbeitsübertragung durch den Bund auf die Länder und von dort weiter auf die Kommunen dar. Es ist zu erwarten, dass die Kosten hierfür, wie beispielsweise bei der Migrationspolitik, wieder durch die Kommunen zu tragen sind, auch wenn die Kosten durch Bundesgesetze verursacht werden. Das ist nicht nur wegen dem Grundsatz der Konnexität abzulehnen. Die Städte und Gemeinden haben inzwischen schlicht keinen finanziellen Spielraum mehr. Link zur Anfrage
Die Verwaltung wird um Auskunft gebeten:
1. Wie positioniert sich die Stadt Karlsruhe (evtl. in Verbindung mit den kommunalen Spitzenverbänden) zu dem Gesetzesvorhaben zur „Kommunalen Wärmeplanung“, dem damit verbundenen Arbeitsaufwand und den damit verbundenen Eingriffen in die Privatsphäre der Bürger durch die Datensammlung in den einzelnen Haushalten?
Für die kommunale Wärmeplanung besteht in Baden-Württemberg bereits auf Landesebene eine gesetzliche Regelung mit Aufgaben für Kommunen. Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg sieht vor, dass alle Stadtkreise und Großen Kreisstädte des Landes Wärmeleitpläne erstellen. Diese ermitteln den Wärmebedarf der Kommunen und zeigen auf, wie die Wärmeversorgung bis 2040 klimaneutral gedeckt werden kann. Der Energieleitplan für die Stadt Karlsruhe mit integrierter kommunaler Wärmeplanung befindet sich in der Erarbeitung und wird aktuell finalisiert. Im Herbst wird der Energieleitplan im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit sowie im Gemeinderat beraten. Laut Klimagesetz BW muss die kommunale Wärmeplanung spätestens bis zum 31.12.2023 beim Land Baden-Württemberg eingereicht werden.
Der Referentenentwurf zum Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung liegt dem Umwelt- und Arbeitsschutz (UA) vor und wird grundsätzlich begrüßt. Der Entwurf sieht vor, dass große Städte ab 100.000 Einwohnern bis Ende 2025 Wärmepläne aufstellen. Der Wärmeplan soll alle fünf Jahre überprüft und gegebenenfalls weitergeschrieben werden. Eine kommunale Wärmeplanung hilft den Kommunen einen besseren Überblick über die Wärmeversorgungsmöglichkeiten durch Erneuerbare Energien im Stadtgebiet zu erhalten, fungiert als Planungsinstrument und begünstigt die Planungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Energieversorger.
Die Erhebung der gebäudescharfen Daten durch die Kommunen unter Berücksichtigung der Datenschutzvorgaben ist für das Vorhaben essentiell, da nur so ein hinreichend genaues Gesamtbild entstehen kann.
In ihrem Energieleitplan hat die Stadt Karlsruhe die in § 27 Abs. 5 KlimaG BW vorgegebenen Datenschutzmaßnahmen berücksichtigt. Die gebäudescharf übermittelten Daten der Schornsteinfeger zu Heizungsart, -alter und Leistung der Heizungsanlagen sowie gebäudescharfe Stromnutzungsdaten und die zur Verfügung gestellten Energieverbrauchsdaten von Unternehmen wurden lediglich zur Erstellung des Plans genutzt und werden ausschließlich in aggregierter Form im Energieleitplan öffentlich dargestellt und nach Erstellung des Plans vollständig gelöscht. Die Wärmeverbrauchsdaten der Wohnenden wurden nicht erhoben. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen, die ihre Daten zur Verfügung gestellt haben, werden gewahrt.
Bis zu einer möglichen Änderung des Landesgesetzes als Folge eines möglichen Bundesgesetzes bleibt das Vorgehen gemäß des Landesgesetzes für die Stadt Karlsruhe maßgeblich.
Der Referentenentwurf sieht außerdem vor, dass die derzeit in der Erstellung befindlichen Wärmepläne sowie bestehende Pläne weitgehend anerkannt werden, soweit sie im Einklang mit dem Bundesgesetz stehen.
2. Welche Einwirkungsmöglichkeiten sieht die Stadt Karlsruhe, um die Verabschiedung des Gesetzentwurfs zu verhindern?
Die Stadtverwaltung Karlsruhe hat keine direkten Einwirkungsmöglichkeiten, um die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs auf Bundes- oder Landesebene zu verhindern. Die Stadt Karlsruhe wird jedoch die Beteiligungsmöglichkeiten nutzen, indem sie ihre Position zu einem bestimmten Gesetzentwurf im Rahmen einer Stellungnahme gegenüber dem Deutschen Städtetag deutlich macht.
3. Sollte das Gesetz in der vorgesehenen Form verabschiedet werden, auf wie hoch werden die Sach- und Personalkosten für Karlsruhe eingeschätzt, wenn davon ausgegangen werden muss, dass die Kosten auf die Kommunen abgewälzt werden? Wieviel Personal wird dafür in etwa benötigt werden? Wieviel davon ist zusätzliches Personal?
Da das fragliche Gesetz noch nicht existiert und die damit verbundenen Aufgaben und Kosten nicht bekannt sind, ist es nicht möglich, genaue Angaben zu den Sach- und Personalkosten für die Stadt Karlsruhe zu machen.
Der aktuell durch ein externes Büro in Erarbeitung befindliche Energieleitplan der Stadt Karlsruhe wird insgesamt rund 220.000 Euro kosten. Das Land Baden-Württemberg finanziert die Erarbeitung der Pläne. In den Jahren 2020 bis 2023 werden der Stadt jährlich 12.000 Euro plus 19 Cent je Einwohner ausgezahlt. Für die Stadt Karlsruhe bedeutet das aufgrund der Einwohnerzahl (unabhängig von den tatsächlichen Kosten) eine Landeszuwendung von insgesamt rund 284.000 Euro für die ersten vier Jahre. Ab 2024 erfolgt eine Zuweisung in Höhe von jährlich 3.000 Euro zuzüglich 6 Cent je Einwohner (insgesamt ca. 21.700 Euro).
4. Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung in Zeiten eines erhöhten altersbedingten Ausscheidens der Mitarbeiter und des allgemeinen Personalmangels, diese Aufgabe überhaupt erfüllen zu können?
Aufgrund des noch ausstehenden Gesetzes können die konkreten Maßnahmen und das Aufgabenportfolio noch nicht definiert werden. Daher ist es gegenwärtig nicht möglich, verlässliche Annahmen in diesem Zusammenhang zu treffen.
Für die Betreuung der Verstetigung und regelmäßige Überprüfung des Energieleitplans, der Koordination der daraus resultierenden Maßnahmen sowie die gesetzlich alle 7 Jahre geforderte Fortschreibung wird schätzungsweise der Umfang einer Vollzeitstelle benötigt. Derzeit wird die Erstellung des Energieleitplans von bestehendem Personal beim Umwelt- und Arbeitsschutz (UA) betreut und koordiniert.