• 21. Dezember 2024 17:00

Alternative für Deutschland

Kreisverband Karlsruhe-Stadt

Abriss des Torwächterhauses

Aug 20, 2018

Anfrage zum Thema:

Abriss des Torwächterhauses am Ochsentor in Durlach im Widerspruch zu den Regelungen des Denkmalschutzgesetzes

1. In der Sitzung der Ortschaftsrates Durlach am 02.05.2018 wurde unter TOP 5 durch das Zentrum für individuelle Erziehungshilfen (Zefie) und das Architekturbüro Adler &  Retzbach eine Präsentation zum Thema „Ochsentorstrasse“ vorgestellt, auf deren 24. Seite eine E-Mail des im Landesamt für Denkmalpflege  zuständigen Dr. Clemens Kieser u.a. an den Zentralen Juristischen Dienst der Stadt Karlsruhe wiedergegeben ist. Darin wird mitgeteilt, dass es sich bei dem Objekt „Ochsentorstrasse 32“, dem Torwächterhaus, um kein Kulturdenkmal i.S.d. § 2 DSchG_BW handelt, das Objekt aber dennoch als „erhaltenswert im Sinne der Gesamtanlage“ zu werten ist. Nach § 19 (2) DSchG_BW dürfen Veränderungen an dem geschützten Bild einer Gesamtanlage nur dann genehmigt werden, wenn die Veränderung das Bild der Gesamtanlage nur unerheblich oder nur vorübergehend beeinträchtigen würde oder wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohles unausweichlich Berücksichtigung verlangen. Die Denkmalschutzbehörde hat vor ihrer Entscheidung die Gemeinde zu hören. Hierzu fragen wir:

1.1. Wie kommt die Denkmalschutzbehörde angesichts der bescheinigten Eigenschaft des Objekts als „erhaltenswert“ zu dem Ergebnis, dass die Planungen des Eigentümers (Abriss und Errichtung eines wesentlich größeren Neubaus) mit den Maßgaben der städtischen Gesamtanlagensatzung und den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes in Einklang stehen (Stellungnahme von Dez.4 und 1 /LA Frau Hengst R 2332 zum Antrag Torwächterhäuschen / TOP 8 Ortschaftsrat Durlach vom 13.06.2018)?

1.2. Welche Nebenbestimmungen hat die Denkmalschutzbehörde angeordnet (Stellungnahme von Dez.4 und 1 /LA Frau Hengst R 2332 zum Antrag Torwächterhäuschen / TOP 8 Ortschaftsrat Durlach vom 13.06.2018)?

1.3. Hat die Denkmalschutzbehörde die Gemeinde vor ihrer Entscheidung entsprechend § 19 (2) Sz.3 DSchG_BW gehört? 

1.3.1. Wann und wo ist dies geschehen?
1.3.2. Falls Frage 1.3. mit „ja“ beantwortet wird:  Welche Stellungnahme hat die Gemeinde, also die Stadtverwaltung, hierzu abgegeben?
1.3.3. Falls Frage 1.3. mit „nein“ beantwortet wird: Wird die Stadtverwaltung darauf hinwirken, dass die unterbliebene Anhörung nachgeholt wird?
1.3.4. Falls Frage 1.3.3. mit „nein“ beantwortet wird: Warum nicht?
1.3.5. Falls Frage 1.3.3. mit „ja“ beantwortet wird: Welche Stellungnahme beabsichtigt die Stadtverwaltung als Gemeinde abzugeben?

1.4. Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen seitens der Orts- bzw. Stadtverwaltung, den Abriss des Torwächterhauses zu verhindern?
1.4.1. Falls rechtliche Möglichkeiten bestehen, den Abriss des Torwächterhauses zu verhindern: Beabsichtigt die Stadtverwaltung hiervon Gebrauch zu machen?
1.4.2. Falls Frage 1.4.1. mit „nein“ beantwortet wird: Weshalb nicht?

1.5. Haben Stadt- bzw. Ortsverwaltung die rechtliche Möglichkeit, auf den langfristigen Erhalt des Torwächterhauses hinzuwirken? Wenn ja, welche und wird die Stadt- bzw. Ortsverwaltung hiervon Gebrauch machen? Falls nicht, warum nicht?

1.6. Weswegen sah die Stadtverwaltung bisher keine Notwendigkeit, die Öffentlichkeit von diesem einschneidenden Vorhaben, das Torwächterhäuschen abzureißen, zu informieren?

1.7. Haben rechtliche Möglichkeiten bestanden oder bestehen solche noch, die Öffentlichkeit an dem Verfahren zu beteiligen? Falls ja, welche?

2. In der Stellungnahme von Dez.4 und 1 /LA Frau Hengst R 2332 zum Antrag Torwächterhäuschen / TOP 8 Ortschaftsrat Durlach vom 13.06.2018 wird die Möglichkeit eines „freihändigen Erwerbs“ vom Investor (d.h. Eigentümer) aufgezeigt.
Nach § 91 GemO_BW soll die Gemeinde Vermögensgegenstände nur dann erwerben, wenn dies zur Erfüllung Ihrer Aufgabe erforderlich ist. Nach § 10 GemO_BW schafft die Gemeinde in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen.

2.1. Haben Orts- bzw. Stadtverwaltung die Möglichkeit eines „freihändigen Erwerbs“ geprüft?

2.1.1. Wann und in welcher Form ist dies geschehen?

2.2. Falls 2.1. mit nein beantwortet wird: Weshalb nicht?

2.3. Falls 2.1. mit ja beantwortet wird: Welche Gründe sprachen bzw. sprechen unter Berücksichtigung der in § 10 GemO_BW genannten Grundpflichten der Gemeinde gegen einen „freihändigen Erwerb“?

2.4. Haben rechtliche oder tatsächliche Möglichkeiten bestanden oder bestehen solche noch, die Öffentlichkeit an einem Verfahren zum „freien Erwerb“ dieses Objektes zu beteiligen? Falls ja, welche?

3. Nach vorliegenden Presseberichten (z.B. ka-news.de vom 08.07.2018) soll im ersten Obergeschoss des nach Abriss des Torwächterhauses dort geplanten Neubaus eine Wohngruppe für Jugendliche entstehen. 

3.1. Handelt es sich dabei um eine Wohngruppe oder mehrere Wohngruppen von sog. „MUFLs“ (Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge) oder von anderen Migranten?

3.2. Falls 3.1. mit „ja“ beantwortet wird: Hat die Stadt Karlsruhe mit dem Betreiber des Objektes bereits Abreden über die Organisation, die rechtliche und finanzielle Abwicklung der Betreuung getroffen? Falls ja, seit wann und durch wen?

3.3. Falls 3.1. mit „nein“ beantwortet wird: Welche Jugendliche kommen für die zu errichtende Wohngruppe bzw. Wohngruppen in Betracht?

3.4. Nach Seite 39 der Präsentation (a.a.O. zu Frage 1) sollen auch im Dachgeschoss des neu zu errichtenden Gebäudes Wohnräume entstehen. Sind diese ebenfalls für Jugendliche i.S.d. Frage 3.1. oder 3.3. vorgesehen?

3.5. Welche Kosten werden der Stadt Karlsruhe pro Jahr zusätzlich anfallen, wenn der Betreiber in Ober- und/oder Dachgeschoss MUFLs unterbringt?

3.6. Ist die unter 3.5. aufgeworfene Frage bei der Prüfung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Rahmen des optionalen „freihändigen Erwerbs“ eingeflossen? Falls nicht, warum nicht?

4. Wie unter „Sachverhalt/Begründung“ dargelegt, sieht das Denkmalschutzgesetz für solche Fälle die Enteignung des Anwesens vor, um das erhaltenswerte Gebäude zu retten: Nach Par. 25 DSchG ist eine Enteignung dann zulässig, wenn die Erhaltung einer geschützten Gesamtanlage auf andere zumutbare Weise nicht gesichert werden kann.

4.1. Hat die Stadt Karlsruhe die Voraussetzungen für eine solche Enteignung geprüft?

4.2. Wie wurde bei dieser Prüfung vorgegangen?

4.3. Beabsichtigt die Verwaltung, einen entsprechenden Enteignungsantrag (Par. 18 Landesenteignungsgesetz) beim Regierungspräsidium einzureichen?

4.4. Falls 4.3. mit „nein“ beantwortet wird: Weshalb nicht?

Sachverhalt / Begründung:

Die Nachricht vom geplanten Abriss des sog. Torwächterhauses am Ochsentor im historischen Zentrum Durlachs hat sowohl unter der Durlacher als auch unter der übrigen Karlsruher Bevölkerung für großes Entsetzen und Unverständnis gesorgt, wird es doch sogar im historischen Bestand des „Denkmalpflegerischen Werteplanes“ des Landesamts für Denkmalpflege vom 16.03.2016 aufgeführt.

Das Torwächterhaus bildet zusammen mit der Stadtmauer, der Zwingermauer mit Schießscharte und dem Stadtgraben  das historische Ensemble des nördlichen Stadteingangs und zeigt noch heute, wie früher die Absicherung der Stadt  – hier in Richtung Grötzingen und Weingarten – funktionierte. Dementsprechend ist es bis heute ein touristisches Highlight, das bei keiner Durlacher Stadtführung fehlen darf. 

Dass man von Seiten der Verwaltung keine Notwendigkeit sieht, das Gebäude zu erhalten, ist großen Teilen der Bevölkerung völlig unerklärlich, denn:

1. das Torwächterhaus liegt in einer historisch wertvollen Gesamtanlage (unstrittig)

2. das Torwächterhaus ist erhaltenswert (lt. Email Denkmalamt, s. Präsentation im Protokoll des Durlacher Ortschaftsrats vom 02.05.2018).

Mit dem geplanten Abriss des Torwächterhauses wird die geschützte Gesamtanlage unweigerlich zerstört.

Für solch einen Fall sieht das Denkmalschutzgesetz die Enteignung des Anwesens vor, um das erhaltenswerte Gebäude zu retten: Nach Par. 25 DSchG ist eine Enteignung dann zulässig, wenn die Erhaltung einer geschützten Gesamtanlage auf andere zumutbare Weise nicht gesichert werden kann.

Nach eigenem Bekunden ist dem Eigentümer – dem „Zentrum für individuelle Erziehungshilfen (Zefie)“ der Erhalt des Hauses nicht zumutbar, denn offensichtlich hat er das Grundstück nur erworben, um es nach Abriss des Torwächterhauses zusammen mit dem Nachbargrundstück neu zu bebauen. Dabei sollen Verwaltungsräume und auf mindestens einem Stockwerk eine Wohngruppe für Jugendliche entstehen (KA-News vom 8.7.2018).

Unterzeichnet von:

Marc Bernhard 

Dr. Paul Schmidt