Stellungnahme der Stadt zur Anfrage:
Versorgung der Karlsruher Haushalte und Betriebe mit Fernwärme
1. Welche Kraftwerke – oder vergleichbare Wärmequellen – erzeugen die Energie für die Versorgung mit Fernwärme in Karlsruhe?
Bitte aufschlüsseln nach Betriebsstoff (z.B. Öl, Gas, Kohle, etc.) sowie Nenn-Leistung, abgegebenen MWh/Jahr und prozentualem Anteil an der ausgelieferten Fernwärme der Jahre 2019, 2020 und 2021.
Die folgende Tabelle gibt die Zusammensetzung der FW-Beschaffung an, aufgeteilt in EnBW-Bezug, MiRO-Bezug und Eigenerzeugung. Die Reihe „Fernwärmebezug Wärmenetz Nord (aus MiRO) gibt die benötigte Wärmemenge von Knielingen und Neureut wieder. Das Wärmenetz Nord ist nicht mit dem zentralen FW-Netz verbunden und wird ausschließlich von MiRO eingespeist. Örtliche Heizzentralen auf Basis Erdgas bilden die Absicherung, wurden in den drei Jahren aber nicht benötigt.
Der FW-Bezug aus dem Rheinhafendampfkraftwerk (RDK) der EnBW basiert auf dem Brennstoff Steinkohle. Die kontrahierte Bezugsleistung beträgt 220 MW.
Der FW-Bezug aus der Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) stammt als Niedertemperaturabwärme aus den Umwandlungsprozessen und hat eine Nennleistung von bis zu 90 MW.
Die Eigenerzeugung basiert auf den Brennstoffen Erdgas und Heizöl extraleicht (H-EL). Die mögliche Erzeugungsleistung beträgt 460 MW.
Dieser Tabelle sind die Zahlen der Eigenerzeugung zu entnehmen, unterschieden nach den Erzeugungsstandorten. Dabei wurde als überwiegender Energieträger Erdgas genutzt. Der Reservebrennstoff Heizöl-EL wurde vorwiegend eingesetzt, um die jährlichen Prüfungen vorzunehmen.
Zur Vervollständigung und Zusammenfassung ist hier ein Überblick über die FW-Verteilung gegeben.
2. Wie hoch ist die Spitzenlast und die Durchschnittslast für das Fernwärmesystem Karlsruhes in extrem kalten und in durchschnittlichen Wintern? (Werte der Vergangenheit bitte entsprechend dem derzeitigen Ausbaustand extrapolieren.)
Die Spitzenlast lag in den letzten Jahren zwischen 300 MW und 330 MW. Der weitere Ausbau der Fernwärme wird nach heutiger Einschätzung Spitzenwerte von maximal 400 MW nach sich ziehen. Die Durchschnittslast im Winter (Monate Oktober bis März) betrug in den Jahren 2019 und 2020 jeweils 137 MW und im Jahr 2021 156 MW. Zukünftig kann von einem leichten Anstieg der Durchschnittslast aufgrund weiterer Anschlüsse gerechnet werden. Dem stehen die Verminderung der Absatzmenge aus Sanierungsmaßnahmen und aufgrund der Klimaveränderung gegenüber.
3. Wann und wie sollen die bisher verwendeten Brennstoffe ersetzt werden?
Ab der Heizperiode 2022/23 werden durch StoraEnso (Biomasse-KWK, Leistung ca. 30 MW) ca. 20.000 -30.000 MWh/a bezogen. Ab der Heizperiode 2024/25 sollen durch eine Großwärmepumpe (Abwärme aus MiRO, Leistung ca. 20 MW) ca. 20.000 MWh/a, und durch einen Kurzzeitspeicher (zur Nutzung von Abwärme aus MiRO, der Biomasse-KWK aus SEM und der RDK-Wärme, Gesamtleistung ca. 50 MW) ca. 20.000 – 40.000 MWh/a hinzukommen. Diese drei Assets dienen jeweils zur Verdrängung der Eigenerzeugung. Mittelfristig soll durch eine Mittellasteinheit auf Basis von Gas (Erdgas/H2/Biogas, ca. 100 MW) der Ersatz für RDK-Wärme erfolgen und ca. 150.000 – 250.000 MWh/a erzeugen. Langfristig ist geplant, durch eine Grundlasteinheit auf Basis Geothermie einen Ersatz bzw. eine Ergänzung zu MiRO mit einer Leistung von ca. 30 – 40 MW für ca. 150.000 – 300.000 MWh/a zu installieren.
4. Welche Umstellung ist jeweils für die öl-, gas- und kohlebetriebenen Kraftwerkstypen bis 2030 geplant?
Bitte die Planung der Substitution mit Jahr, Ersatzleistung und Investitionskosten aufzeigen.
Siehe hierzu Punkt 3. Bezüglich der Eigenerzeugung soll ein Teilersatz durch die drei oben beschriebenen Assets erfolgen. Der fehlende Rest an Leistung und Arbeit sowie die fehlende Leistung und Arbeit aus RDK sollen durch die besagte Mittellasteinheit erfolgen. Zu den Inbetriebnahmejahren und den Investitionskosten kann derzeit noch keine verlässliche Aussage getroffen werden.
5. Was passiert mit der Fernwärmeleistung, wenn die Versorgung mit
a. Öl, b. Gas oder c. Kohle nicht mehr gewährleistet ist? d. Welche Notfallmaßnahmen sind für die Fälle a. bis c. geplant?
- a) Die Fernwärmeversorgung kommt aus MiRO und RDK. Darüber hinaus kann Erdgas zur Erzeugung genutzt werden.
- b) Die Fernwärmeversorgung kommt aus MiRO und RDK. Darüber hinaus kann Heizöl EL zur Erzeugung genutzt werden.
- c) Die Fernwärmeversorgung kommt aus MiRO, StoraEnsoMaxau sowie Heizkraftwerk bzw. Heizwerken.
- d) Aktuell wurde für Notfälle Heizöl-EL für die Eigenerzeugung beschafft.
6. Welche Kraftwerke können mit unterschiedlichen Brennstoffen betrieben werden?
Im RDK kommt für die FW-Erzeugung Steinkohle zum Einsatz. Ein anderer Brennstoff ist dort derzeit nicht für die FW-Versorgung im Einsatz. Bei der MiRO wird kein Brennstoff eingesetzt. Die KW-Wärme aus SEM ist im Wesentlichen biomassebasiert. Hier ist ein Einsatz von Ersatzbrennstoffen im geringen Umfang möglich. Das Heizkraftwerk West kann sowohl mit Erdgas als auch mit Heizöl-EL betrieben werden.
7. Wie ist jeweils für
- die Karlsruher Privathaushalte
- die Unternehmen und öffentlichen Institutionen die Wärmeverteilung geplant, wenn die Leistung des Netzes in einem kalten Winter beispielsweise nur 50 Prozent beträgt?
- Wie und zu wieviel Prozent wird die Leistung bei den Verbrauchern a. und b. reduziert?
Zu a und b: Bei der Wärmeverteilung kann nicht zwischen Privathaushalten, Unternehmen und öffentlichen Institutionen unterschieden werden: Stünde nur 50 % der benötigten Leistung zur Verfügung, würde das Netz mit abgesenkter Temperatur betrieben. Die Folge davon wäre eine Unterversorgung insbesondere der Gebäude, die weit vom HKW West entfernt liegen.
Zu c: Die Leistungsreduzierung stellt sich aufgrund der Hydraulik ein: Nahe am HKW West gelegene Gebäude werden besser, weit entfernt liegende Gebäude nur noch unzureichend versorgt. Um auch weiter entfernt liegende Gebäude besser versorgen zu können, müssten einzelne Kunden in der Nähe des HKW West unter Einsatz unserer FW-Monteure abgestellt werden. Eine prozentuale Reduzierung der Leistung aller Kunden ist nicht möglich.
8. Beschreiben Sie bitte die Strategie und Notfallpläne, die bisher zur Aufrechterhaltung des Karlsruher Fernwärmenetzes vorbereitet wurden.
Ist geplant, analog zur Erdgasversorgung, einzelne Betriebe oder Stadtteile von der Versorgung auszuschließen?
Falls Nein, welche Alternativen zur Aufrechterhaltung der Fernwärmeversorgung sind für diese Fälle geplant?
Die Stadtwerke Karlsruhe haben sich mit den Lieferanten der FW abgestimmt und gehen derzeit nicht von Einschränkungen im Bezug aus. Zudem wurden die Reserven an Heizöl EL aufgefüllt. Ein Ausschluss einzelner Kunden oder Stadtteile ist nicht vorgesehen. Die Stadtwerke Karlsruhe erarbeiten aktuell eine weitergehende Wärmestrategie. Diese beinhaltet vertrauliche Unternehmensinformationen. Eine Antwort hierzu kann daher im Detail nicht erfolgen.